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Würzburg weint ! Würzburg darf weinen!

Aktualisiert: 19. März 2023

Es soll ein schöner, milder und warmer Tag gewesen sein, der 16. März 1945, schon irgendwie frühlingshaft. Es war so warm, dass man bereits Kleider und kurze Hosen tragen konnte –

so wie heute. Dass an diesem Abend die totale Zerstörung über Würzburg kommen würde, konnte keiner wirklich ahnen. Warum auch ?


Würzburg war eine Großstadt mit mehr als 100.000 Einwohnern, reich an Kulturschätzen und Bauwerken, eine der schönsten deutschen Städte des Barock. Würzburg hatte keine bedeutende Industrie, schon gar keine Rüstungsindustrie - im Gegenteil: Würzburg hatte bedeutende Krankenhäuser, durch die Aufnahme von Kranken, Verwundeten und traumatisierten Opfern war Würzburg auch Lazarettstadt.


Würzburg konnte den Schutzvorschriften der Haager Landkriegsordnung, neben den Genfer Konventionen ein wesentlicher Teil des Völkerrechts, für seine Zivilbevölkerung vertrauen ! Die Haager Landkriegsordnung enthält für den Kriegsfall auch staatlich untereinander verpflichtende Beschränkungen zur Verschonung von Gebäuden und Einrichtungen von sozialer und gesellschaftlicher Bedeutung – und natürlich der Menschen, die diesen Akt von Menschlichkeit aufopfernd leisten!


Kurzum: Wer sich um Kranke, Verletzte medizinisch kümmert, verdient besonderen Schutz und wird verschont – selbstredend als Akt der Menschlichkeit !

So wie heute.


18 Minuten

Nur 18 Minuten hatte die gesamte Bevölkerung von Würzburg an jenem Abend des 16.03.1945 – nur 3 Wochen bis zur Kapitulation gegenüber den Amerikanern.

Gegen 19:00 Uhr wurde bereits eine öffentliche Luftwarnung und gegen 20:00 Uhr ein Vollalarm für die Stadt ausgelöst. Um 21:07 wurde die Würzburger Bevölkerung aufgrund einer Meldung des Funk-Horch-Dienstes in Limburg zur äußersten Vorsicht aufgefordert.


Mit dem Abwurf der ersten Markierungsbomben der Royal Air Force, unter Leitung von Luftmarshall Arthur Harris, begann um 21.25 der Angriff auf die Stadt.

„Bomben“-Harris war verantwortlich für den Luftkrieg zur Zermürbung der Moral der Zivilbevölkerung und schon wenige Wochen vorher „erfolgreich“ in seiner Funktion, als unter seiner Leitung Dresden nahezu ausgelöscht wurde.

256 schwere Sprengbomben mit schon allein 395 Tonnen ( 395.000 Kg ) deckten an diesem Abend die Dächer der Häuser der Stadt ab, zersplitterten Fenster und Türen, als Vorbereitung für genau 307.650 Stabbrandbomben, die in der Stadt einen Feuersturm entfachten.

Unvorstellbares Leid, mehr als 5.000 Menschen wurden von Trümmern erschlagen, weinten und irrten orientierungslos, flohen, verloren Angehörige und Kinder, ersticken, verbrannten, verglühten, starben qualvoll.


Alle Häuser der Innenstadt wurden zerstört, bis auf sieben Häuser auf der Juliuspromenade. Die Flammen entwickelten in den damals engen Gassen, dieser bis dahin bedeutendsten Barockstadt eine Hitze von bis zu 2.000 Grad Celcius und nahmen den Menschen den Sauerstoff zum Atmen.


20 lange, quälende Minuten nur dauerte diese militärisch skrupellose Aktion……..

In einem Feuersturm wird eine der schönsten deutschen Barock-Städte zu 90% vernichet. Der Himmel färbte sich rot ! Der Feuerschein war noch in mehr als 200 Km-Entfernung zu sehen und verkündete das Ausmaß der Zerstörung.


Nach Dresden und Pforzheim ist Würzburg die am meisten zerstörte Stadt Deutschlands.


Nur drei Wochen später endete für Würzburg der Zweite Weltkrieg – mit dem 06.04.1945 fiel Würzburg nach kurzem Widerstand eines letzten Aufgebotes (aus zum Dienst mit der Waffe unter Todesandrohung verpflichteter Schulbuben und alten Männern, die den Angriffen einer Schaar von bewaffneten Spezialeinheiten auch gar nichts mehr entgegen zu setzen hatten) in amerikanische Hand !


Der US-Gouverner Murray von Wagoner, der kurz nach der Zerstörung die Stadt besuchte war mehr als sprachlos: die Faszination eines Endzeitbildes erfaßte ihn derart, dass er glaubte, das neuzeitliche Sodom und Gomorrha vor sich zu sehen, den biblischen Sündenfall des Genesis. Der religiöse Gouverneur wollte in den Ruinen der 35 Kirchen gar den Finger Gottes erkannt haben.


Er begann einen Plan für Würzburg als “ Freilichtmuseum für Kriegsverwüstungen“ zu entwickeln und gegenüber dem nahegelegenen Randersacker ein neues Würzburg aufzubauen – das Zentrum solle hingegen für alle Zeiten im Ruinenzustand als Mahnmahl verbleiben.


Doch dies stieß auf heftigen Protest der Würzburger – nach der Zerstörung lebten keine 5.000 Menschen mehr in der Stadt, viele verzogen sich in das Umland und suchten dort Hilfe….doch die Menschen kamen zurück in ihre Stadt !


In Würzburg begann der mühsame Wiederaufbau. Lebensmittelmarken gab es nur gegen Nachweis der Mitarbeit bei der Trümmerräumung, nach Pflichtdienst kam der Ehrendienst, es mussten noch immer 8 Stunden im Monat für die Beräumung von Schutt und Trümmern nachgewiesen werden – erst im Jahr 1964 ( 19 Jahre nach der Zerstörung ) waren die Trümmerräumungsarbeiten für die Stadt endgültig abgeschlossen.


20 Minuten der Zerstörung -20 Minuten des Gedenkens:

Jährlich zum Gedenktag, am 16. März läuten ab 21:20 Uhr für 20 Minuten die Glocken aller Würzburger Kirchen – in Erinnerung an die verheerenden Angriffe. Dominiert vom sonoren Geläut der 9.080 kg schweren Salvator-Glocke des Kiliandoms spüren die Menschen noch heute, wie bleiern die Minuten der Zerstörung diese Zeit in Erinnerung rufen.

Noch heute, 78 Jahre nach diesem Verbrechen an der Menschlichkeit, halten die Menschen in diesem Moment inne, versammeln sich zu Gebeten, zünden Kerzen an, gedenken……..


Am Grafeneckart, dem Würzburger Rathaus, wird alljährlich eine rießiges Transparent mit dem Namen aller mehr als 5.000 Opfer entrollt, mit dem Bekenntnis: Nie wieder Krieg ! Eine Haltung, ein Versprechen !

So wie heute.




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